Die Focos-App dient vor allem dem realistischen Weichzeichnen des Bildhintergrundes, bietet darüber hinaus aber alle wichtigen Möglichkeiten zur Foto-Optimierung. Der Clou: Jede Korrektur lässt sich auf einen bestimmten Tiefenbereich des Fotos anwenden.
Die dafür notwendige Tiefenkarte wird mit künstlicher Intelligenz automatisch erzeugt. Überzeugendere Ergebnisse erhalten Sie aber, wenn das iPhone bei der Aufnahme im Porträtmodus mit seinen zwei bis drei Kameras oder dem Lidar-Scanner selbst eine Tiefenkarte erstellt hat. »Docma«-Autor Olaf Giermann stellt Ihnen einige Möglichkeiten der App vor.
Für optimale Ergebnisse müssen Sie vor allem die KI-basierte Tiefenkarte oft manuell korrigieren. Das geht recht einfach: Die Tiefenkarte (im Bereich »Patch«, links) ist farblich kodiert. Im Bereich »Lichtfarbe« wählen Sie per Schieberegler die Farbe des Tiefenbereichs aus, den Sie einem falsch kodierten Bereich zuweisen wollen. Ein durch das Bild laufendes, farbiges Schärfeband hilft beim Finden des richtigen Bereichs (rechts). Mit dem »Pinsel« malen Sie anschließend über die zu korrigierenden Bereiche.
Die grundlegende Funktionsweise der App ist einfach. Sie analysiert ein Foto beim Öffnen und erzeugt eine Tiefenkarte, falls noch keine vorhanden ist. Deren Qualität ist stark motivabhängig – bei Bedarf können Sie später noch manuell korrigierend eingreifen. Über den »Blende«-Schieberegler legen Sie die Stärke der Weichzeichnung fest (wie bei einer Kamera entsprechen kleine Blendenwerte einer geringen Schärfentiefe). Durch Tippen im Bild wählen Sie sozusagen den Autofokuspunkt, also die Bildstelle, die scharf bleiben soll. Tipp: Nutzen Sie in der Kamera-App des iPhones den Modus »Porträt«, denn nur in diesem wird direkt aus den Kamera- und Lidar-Daten eine Tiefenkarte generiert und gespeichert.
Focos bietet 16 verschiedene »Objektiv«-Presets, die jeweils ein unterschiedliches Bokeh erzeugen. Die meisten davon allerdings nur gegen Bezahlung. Bokeh bezeichnet die Charakteristik der Unschärfe, die von kreisrunden, weichen Unschärfekreisen bis hin zu unruhigen Dispersion- und Swirl-Effekten reicht. In Focos lässt sich jeder Bokeh-Parameter individuell anpassen und als eigene »Objektiv«-Vorgabe speichern.
Mithilfe der Tiefenkarte lassen sich Korrekturen abhängig von der Bildtiefe vornehmen. Im Bereich »Effekte« wählen Sie dafür aus den zahlreichen Korrekturmöglichkeiten zum Beispiel die »Graustufen«-Umsetzung (links) und schränken deren Auswirkung per Schieberegler (unten links) auf den gewünschten »Tiefenbereich« ein. Auf diese Weise konnte der vordere Bildbereich für einen Color-Key-Effekt von der Entsättigung ausgeschlossen werden (unten links). Die Anwendung der »Effekte« ist non-destruktiv.
Interessant ist die alternative Visualisierung des Fotos als frei per Wisch- und Pinch-Gesten dreh- und skalierbares 3D-Modell – hier um 30 Grad nach rechts gedreht (unten rechts). Über die Effektleisten unter dem Bild (unten rechts) legen Sie genau fest, in welchem Tiefenbereich ein Effekt wirken soll. Sie erhalten außerdem eine gute Vorstellung davon, wie die Software das Bild »sieht«, und erkennen auf diese Weise, welche Korrekturen nötig sind.
Durch die zusätzliche Tiefendimension erlaubt Focos auch die nachträgliche Beleuchtung einer Szene – inklusive Schattenwürfen. Je nach Qualität der Tiefenkarte ist das Ergebnis der Beleuchtung oft genauso beeindruckend wie das realistische Bokeh. Zur Verfügung stehen sechs verschiedene Lampen mit unterschiedlichen Leuchtcharakteristiken. Bei deren Positionierung hilft ein dreidimensionales Modell des Fotos (links), mit dem Sie Abstand und Position der Lichtquelle festlegen. Zusammen mit änderbarer Lichtfarbe und -intensität ergeben sich viele kreative Möglichkeiten, für die es in herkömmlicher Software aufwendige Masken und manuell erzeugte Schatten bräuchte.
Der AR-Modus (links) zeigt das 3D-Modell der Szene freischwebend im Raum. Statt also die Szene auf dem Touchscreen per Gesten zu drehen und zu zoomen, können Sie sich mit dem iPhone oder iPad um Sie herum bewegen. Was zunächst wie eine reine Spielerei klingt, erleichtert tatsächlich das Beurteilen der Tiefensegmentierung und vor allem das Positionieren der Lichtquellen (rechts) enorm.
Dabei bewegen Sie sich mit dem Mobilgerät so, dass Sie den besten Winkel zum Verschieben der Lichtquelle finden. Wie bei einem Fotografen mit einem Festbrennweitenobjektiv ist hier »Fußzoom« angesagt: Bewegen Sie sich auf das Modell zu, um es größer darzustellen, und verschaffen Sie sich mit größerem Abstand einen Überblick. Das fühlt sich schon ein bisschen wie Zukunft an.
Für iPhones und iPads: Diese App macht Ihre Fotos so unscharf, wie Sie wollen - DER SPIEGEL
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