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Saturday, May 28, 2022

Online-Werbung: Rückkehr der Super-Cookies - DER SPIEGEL

Bisher leiten Mobilfunkprovider den Datenverkehr ihrer Kunden weitgehend unangetastet ins Internet weiter. Vodafone und Deutsche Telekom wollen das ändern. Datenschützer sind alarmiert.
Zentrale von Vodafone Deutschland: Was hat das Unternehmen mit TrustPid vor?

Zentrale von Vodafone Deutschland: Was hat das Unternehmen mit TrustPid vor?

Foto: Federico Gambarini/ dpa

»Erhalte das freie Internet« – mit dieser Botschaft begrüßt der Provider Vodafone die Besucher seines relativ neuen Angebots »TrustPid«. Zusammen mit der Deutschen Telekom testet das Unternehmen damit gerade eine neue Möglichkeit aus, seine Kundendaten zu vermarkten.

Das soll so funktionieren: Bisher leiten Mobilfunkprovider den Datenverkehr ihrer Endkunden weitgehend unangetastet ins Internet weiter. Mit TrustPid würde Vodafone in diesen Datenverkehr eingreifen und den Nutzern eine feste Kennung zuweisen, die sich unter anderem nach der Mobilfunknummer eines Kunden richtet. Diese Kennung könnten dann Website-Betreiber abrufen, um genau zu erfassen, welche Inhalte sich ein Mobilfunknutzer angucken, um daraus ein Personenprofil zu bilden und zielgerichtet Werbung auszuspielen. Das Argument: Nur über solche Datengeschäfte könnten viele Online-Angebote genug Einkünfte erwirtschaften, um in Zukunft kostenfrei zu bleiben.

Tschüss Werbe-Cookie, hallo Werbe-ID

Die Nachfrage von Werbetreibenden nach solchen Lösungen ist derzeit besonders groß. Insbesondere seit der iPhone-Hersteller Apple begonnen hat, das allumfassende Tracking zu Werbezwecken zurückzudrängen, beklagen sich große Markenartikler, dass sie noch allenfalls die Hälfte der Werbe-Cookies verwenden können. Wenn Google 2023 wie geplant den Werbe-Cookie in Chrome abschaltet, müsste die technische Grundlage des Anzeigengeschäfts auf eine völlig neue technische Grundlage gestellt werden.

Doch die Werbebranche will sich künftig nicht auf unpersonalisierte Werbung beschränken und zum Beispiel Auto-Werbung bevorzugt bei Websites und Artikeln mit Autobezug ausspielen. Stattdessen hat ein regelrechtes Wettrennen der Anbieter von Werbe-IDs begonnen, die ihrer Kundschaft versprechen, Nutzer auch weiterhin tracken zu können.

Die Methoden sind vielfältig: Einerseits versucht die Branche, die Tracking-Sperren technisch zu umgehen. Dazu werden die Werbe-Cookies zum Beispiel auf unverdächtige Server verschoben. Oder die Nutzer werden beim Besuch einer Webseite im Hintergrund über verschiedene andere Domains umgeleitet, die dann selbst Cookies setzen. Gleichzeitig wollen immer mehr Anbieter die Nutzer dazu bringen, sich dauerhaft einzuloggen und dabei sämtliche Datenverarbeitungen zu akzeptieren.

Provider an zentraler Stelle

Mobilfunkprovider wie Vodafone und die Telekom sind in einer einmaligen Position. Selbst wenn der Browser routinemäßig Cookies löscht oder sogar die IP-Adresse wechselt, kann der Provider immer noch den Datenverkehr mit der jeweiligen Mobilfunknummer verknüpfen.

Die Werbekunden wollen zwar keinen Zugriff auf Namen oder die echte Mobilfunknummer bekommen, sondern nur auf eine pseudonyme Kennung. Diese kann aber schnell wieder einem konkreten Nutzerprofil zugewiesen werden, etwa, wenn man bei einem Online-Shop einkauft oder sich bei einem E-Mail-Provider einloggt.

TrustPid-Website: »Erhalte das freie Internet«

TrustPid-Website: »Erhalte das freie Internet«

Foto: trustpid.com

Eine neue Funktion von Apple könnte das Geschäft aber wieder zunichtemachen. Beim sogenannten »iCloud Privat Relay«  werden die Daten verschlüsselt über die Server Apples umgeleitet, die Provider haben so keinen Zugriff mehr. Vodafone und die Deutsche Telekom haben deshalb bereits bei der Europäischen Kommission Beschwerde eingelegt . Parallel haben die Provider eine gemeinsame Lobby-Kampagne begonnen, um zu erreichen, dass sie den Datenverkehr ihrer Endkunden selbst monetarisieren dürfen, um den Netzausbau zu finanzieren. Die für das Digitale zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager zeigte sich offen gegenüber solchen Vorschlägen.

Testlauf mit unbekannter Größe

TrustPid ist bisher erst im Test-Stadium. Auf Nachfrage erklärt ein Sprecher von Vodafone Deutschland, dass der Dienst Teil einer »technischen Lösung für digitale Werbung in Europa« sei, von der »Verbraucher, Werbetreibende und Verlage gleichermaßen profitieren könnten«. Wie viele Kunden an dem Testbetrieb teilnehmen, verrät Vodafone allerdings nicht. Der Provider versichert aber, dass diese über die Datenverarbeitung informiert seien. Tests des SPIEGEL legen nahe, dass TrustPid bisher noch nicht routinemäßig bei allen Kunden von Telekom und Vodafone in Deutschland im Einsatz ist.

Bislang scheint sich auch nur eine einzige Website an dem Verfahren zu beteiligen. So hat Bild.de einen Verweis auf das neue Programm in seine Datenschutzbedingungen aufgenommen und bietet auch ein Widerrufsformular an, um der Nutzung der Mobilfunk-ID zu widersprechen. Eine Anfrage des SPIEGEL beantwortete Axel Springer allerdings nicht.

Wohin die Reise geht, wird aber deutlich, wenn man die rudimentäre Website von TrustPid aufruft: Vodafone will nicht nur die Werbekennung bereitstellen, sondern auch verwalten, wer auf diese Kennung zugreifen kann. So ist auf der Website eine Funktion eingebaut, mit der die Mobilfunk-Kunden ihre Zustimmung zur Datenverarbeitung bei einzelnen Werbepartnern erteilen oder widerrufen können. Dies würde den Providern eine zentrale Rolle bei der Werbevermarktung verschaffen, die sie sich natürlich bezahlen lassen wollen.

Unlöschbare Cookies

Die Idee ist keineswegs neu. Bereits 2012 hatte der US-Provider Verizon eine ganz ähnliche Technik eingesetzt, um die eigenen Nutzer zu tracken. Erst Jahre später wurden die sogenannten unlöschbaren »Super-Cookies« bekannt und der Provider musste eine Geldstrafe zahlen. Solche Konflikte will Vodafone vermeiden. »Wir nehmen den Schutz der Privatsphäre, Datensicherheit und die Einhaltung der Gesetze zum Datenschutz und zur Privatsphäre sehr ernst«, versichert ein Sprecher dem SPIEGEL.

Doch können Nutzer überhaupt einschätzen, wofür die Daten genutzt werden, die ihr Handy ständig über sie sammelt? Welches Ausmaß die Datensammelwut inzwischen erreicht, zeigt sich zum Beispiel in den USA, wo mehrere Daten-Broker routinemäßig mit den Profilen von Personen handelten, die eine Abtreibungsklinik besucht hatten .

Selbst wenn die Mobilfunkprovider die Daten nicht direkt an solche Daten-Broker zuliefern, erleichtern Werbe-IDs wie von Vodafone die Verknüpfung verschiedener Datenquellen. Bisher nutzten Daten-Broker routinemäßig die Geräte-IDs von Apple und Google, was die Konzerne jedoch neuerdings bekämpfen.

Datenschützer sind von der Initiative der Mobilfunker alarmiert. »Aus unserer Sicht muss die Wirksamkeit der Einwilligung der Nutzer*innen hinterfragt werden«, erklärt die zuständige Datenschutzbehörde in Nordrhein-Westfalen dem SPIEGEL. Die Datenverarbeitung für Nutzer müsse transparent gemacht und die Freiwilligkeit gewährleistet werden. Zudem sieht die Behörde Probleme darin, dass die persönlichen Daten nicht auf den Geräten der Nutzer, sondern auf externen Servern gespeichert werden. Die Behörde hat deshalb angekündigt, die Datenschutzkonformität von TrustPid genauer zu prüfen.

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