Viel Überzeugung spricht nicht aus der Pressemitteilung, wenn Mobilcom/Debitel darauf hinweist, das Rephone könne »trotz Recyclat-Rückseite« sowohl kabellos als auch schnell aufgeladen werden. Der Recycling-Kunststoff sollte für diese Funktionen kein Problem darstellen. Dabei ist es ein Schritt in die richtige Richtung, ein Smartphone dieser Preisklasse – das Rephone kostet 399 Euro – mit einer kabellosen Ladefunktion auszustatten, die etwa Sony seinem viereinhalbmal so teuren Xperia Pro-I vorenthält. Dass kein Ladegerät mitgeliefert wird, verwundert nicht, das machen andere Hersteller auch so.
Zum Konzept gehört auch, dass sich das Rephone einfach reparieren lassen soll. Um das zu ermöglichen, sind die Bauteile – oder vielmehr die Bauteilgruppen – mit schlichten Kreuzschlitzschrauben verschraubt. Auf den Einsatz von Klebstoffen habe man verzichtet, heißt es von Mobilcom/Debitel, wo das Rephone exklusiv erhältlich ist. Selbst schrauben, so wie es beim Fairphone schon lange und bald auch bei Apple möglich sein wird, soll man aber nicht. Vielmehr macht der modulare Aufbau den Technikern des Herstellers die Arbeit leichter. Falls das Display kaputtgeht, kostet der Austausch 89 Euro.
Der Schraubendreher passt: Im Rephone wird nichts verklebt, nur verschraubt
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDas einzige Teil, das man selbst auswechseln kann, ist der Akku, den man für 35 Euro nachkaufen kann. Doch bis man wirklich einen neuen braucht, sollten mindestens zwei bis drei Jahre vergangenen sein. Mobilcom/Debitel will den Alterungsprozess mit einer als »Akku Save« bezeichneten Technologie hinauszögern. Die stoppt den Ladevorgang, sobald der Akku zu 90 Prozent aufgeladen ist. »Eine rund 50 Prozent längere Lebensdauer«, soll das bringen. Ob das klappt, wird sich erst in einigen Jahren sagen lassen. Wer lieber die volle Kapazität nutzen möchte, kann die Funktion auch einfach abschalten.
Das Gehäuse lässt sich ohne Schraubendreher öffnen, der Akku sekundenschell auswechseln
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELGraspapier aus Schleswig-Holstein
Als »100% CO2 neutral« wird das Rephone online beworben. Ein Bio-Smartphone ist es deshalb nicht. Nur für den bereits erwähnten Rückendeckel aus Recycling-Kunststoff mag der Hersteller angeben, dass er aus Deutschland kommt. Die Ursprungsländer der übrigen Komponenten will das Unternehmen nicht offenlegen. Sie dürften überwiegend aus Asien zugeliefert werden, anders als die Verpackung aus Graspapier, die in Schleswig-Holstein hergestellt wird.
Die Verpackung kommt aus Deutschland, der Bildschirm wohl kaum
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELIn der Pressemitteilung zu dem Gerät wird auch gelobt: »Das erste CO2-neutrale Smartphone wird mit 100 Prozent Ökostrom in Deutschland produziert«. Auch das bezieht sich nur auf den Teil der Herstellung, der in Deutschland erfolgt, nämlich im Werk der ehemaligen Siemens-Tochter Gigaset in Bocholt. Für alle Komponenten, die aus Asien stammen, nehme man »eine umfassende CO2-Kompensation vor.«
Kann das was?
Bleibt die Frage, ob das Rephone als Smartphone etwas taugt und ob man es wirklich möglichst lange verwenden will – und kann. Dass es mit Android 11 geliefert wird und der Hersteller Hoffnung macht, Anfang 2022 das aktuelle Android 12 nachliefern zu können, klingt erst einmal gut. Sicherheitsupdates will das Unternehmen drei Jahren lang liefern. Von Updates auf kommende Android-Versionen nach Android 12 ist nicht die Rede.
Unklar ist, wie lange der Mittelklasse-Prozessor von Mediatek mit großen Android-Updates mithalten könnte. Seine Leistung taxieren Messprogramme etwa auf dem Niveau eines Samsung Galaxy S8 von 2017. Das war mal High End, ist jetzt aber bestenfalls Mittelklasse. Im Alltag ist mir trotzdem kein einziger Ruckler untergekommen. Mail und Web funktionieren damit sowieso gut und auch grafiklastige Spiele wie »Real Racing« laufen auf dem Rephone ohne Abstriche.
Ungleiches Duo: Die Hauptkameras haben 8 und 64 Megapixel
Foto: Matthias Kremp / DER SPIEGELDie sind dagegen beim Bildschirm zu machen, der mit seinen knalligen Farben eher zu Übertreibungen neigt. Zusammen mit der Helligkeitsautomatik, die das Display aus meiner Sicht stets zu hell ausleuchtet, sorgt das für sehr kräftige, strahlende Farben. Mit der Realität haben die wenig zu tun. Beim Fotografieren kann das zur Enttäuschung werden, wenn ein Foto, das auf dem Rephone toll aussieht, auf dem PC oder Fernseher plötzlich zu verblassen scheint.
Fotos macht das Rephone mit einer 64-Megapixel-Weitwinkel- und einer 8-Megapixel-Ultraweitwinkelkamera. Die Bildqualität liegt im Mittelfeld. Vom Digitalzoom sollte man die Finger lassen, weil schon bei weniger als der maximal möglichen vierfachen Vergrößerung Details verloren gehen. Das Ultraweitwinkelobjektiv verzerrt zu den Rändern hin deutlich.
Mit 128 Gigabyte (GB) dürfte der eingebaute Speicher für viele Anwendungen groß genug sein. Wer mehr braucht, kann bis zu 512 GB per Speicherkarte nachrüsten. Wer mag, kann zwei Sim-Karten für unterschiedliche Netze in das Handy einschieben, eine eSim hat das Gerät aber ebenso wenig wie 5G-Technologie oder Wifi 6.
Fazit
Der Gedanke, ein Smartphone CO₂-neutral anzubieten, ist lobenswert. Noch lobenswerter wäre es, die CO₂-Bilanz nicht nachträglich auszugleichen, sondern schon bei der Produktion der Komponenten anzusetzen. Ein Rückendeckel aus Recyclingmaterial und eine Verpackung aus Graspapier sind ein schöner Anfang, aber da geht noch mehr. Ein Vorbild könnte das Fairphone 4 sein, bei dem auf Fairness bei der Ressourcengewinnung und leichte Reparierbarkeit durch Nutzerin oder Nutzer gelegt wird. Auch Apple will es seinen Kunden künftig ermöglichen, Komponenten selbst auszutauschen, baut immer mehr Recyclingmaterialien in seine Smartphones und legt regelmäßig seine Umweltbilanz offen.
Bemerkenswert ist schlussendlich auch, wie ähnlich das Rephone dem Gigaset GS5 ist. Bis auf die Hauptkamera und den Rückendeckel scheinen die beiden technisch nahezu identisch zu sein. Mit dem feinen Unterschied, dass Gigaset das GS5 für 299 Euro anbietet, während das Rephone 399 Euro kostet. CO2-Ausgleich und Recyclat-Rückseite müssen den Kunden also 75 Euro wert sein denn – das gibt es wohl nur beim Rephone – wenn man es zum Recycling gibt, erhält man von Mobilcom/Debitel 25 Euro zurück.
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Rephone im Test: Das Smartphone mit Recycling-Prämie - DER SPIEGEL
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